Kodex und Bibel des Taijiquan

Das Buch « Grafische Erläuterungen zum Taijiquan des Chen-Clans » von Chen Xin gilt als die Bibel des Taijiquan. In China wurde es erstmals um 1919 mit einer Auflage von nur 1000 Exemplaren veröffentlicht.

In deutscher Sprache existiert bereits eine Übersetzung als erster Band, publiziert von Dietmar Stubenbaum und Dr. Hermann Bohn. Die Übersetzer Julian Braun, Wilfried Schmidt, Ursula Herold-Schmidt, Sabine Rossbach und Tobias Strauß haben sich an die Arbeit gemacht, um den zweiten Band in deutscher Sprache fertig zu stellen. Im Vorab haben sie mir erlaubt hier einen kleinen Auszug daraus publizieren zu dürfen.

Der zweite Band beginnt mit einem Kodex aus 9 mahnenden Hinweisen für alle die das Taijiquan erlernen wollen. Drei davon sind hier das erste Mal in veröffentlichter Form nachzulesen.


Erstens:

Wenn man Taijiquan erlernt, kann der Übende sich keinerlei Anzeichen von Respektlosigkeit leisten. Äußerlich muss man seinen Lehrern und Freunden Respekt zollen. Innerlich muss man Körper und Geist respektieren. Wenn man sich nicht in Selbstkontrolle, noch in Zurückhaltung üben kann, wie kann da die Kampfkunst des Taijiquan gemeistert werden?

Zweitens:

Wenn man Taijiquan erlernt, darf man keine Gewalt ausüben, sonst wird man unweigerlich in Schwierigkeiten geraten. Jede Art von Gewalt oder Körperverletzung ist unzulässig. Man sollte taktvolles Verhalten zeigen, andernfalls wird jegliches Anzeichen von Gewalt unweigerlich zu Schäden führen.

Drittens:

Der Taijiquan-Übende sollte niemals eingebildet oder Selbstzufrieden sein. Wer dennoch selbstgefällig ist, provoziert Ärger. Wie das Sprichwort sagt: „Niemand ist perfekt“ . Dies bedeutet, dass nur ein bescheidener Schüler in der Lage ist, seinen Geist ausreichend zu läutern, um die Lehren des Meisters annehmen zu können. Ist es nicht dies, was als „das Gute“ bekannt ist? Warum nicht mehr Gutes anstreben, in der Hoffnung auf Perfektion? Indem wir das Gute mit anderen teilen, vermehren wir das Gute.



Es ist angenehm diese ruhigen, ordnenden Worte zu vernehmen, da doch unser modernes Leben in Gereiztheit tanzt. Ruhe ist das nach dem wir uns sehnen. Wenn wir einmal damit beschenkt werden, gelingt es uns vielleicht nicht sie auszuhalten, zu (er)tragen. Ruhe ist die Essenz des Wuji aus dem wahrhaftig neues entstehen kann. Getragen wird es vom Taiji und findet seine Erscheinung unter den Zehntausend dingen in unserem Leben.

Ich wünsche jeden ein gutes Maß an Ruhe in seinem Leben. Ein Weg zur Ruhe kann im erlernen des Taijiquan gefunden werden. In unseren Schulen haben sich alle Lehrkräfte dem EHRENKODEX für CHEN TAIJIQUAN XIAOJIA UNTERRICHTENDE verpflichtet, was dem Gedanke dieses Artikels entspricht und unserer Zeit entgegen kommt.


02. Mai 2023 von J. Weinbrecht

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